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Es wird unruhig am Tisch. Die Köpfe drehen sich zum kleinen Hüttenfenster. Ich schaue in fragende Gesichter. Was ist da draußen so spannend?
„Ich habe ein Horn gesehen!“ ruft einer.
Na gut, JETZT muss ich auch mal nachschauen, was da los ist.
Noch in der Tür zur Hütte Morelli-Buzzi stehend sehe ich die Alpenschönheit, die für so einen Aufruhr sorgt: Ein ziemlich ordentliches Exemplar eines Steinbocks. Er blickt uns aus seinen wunderschönen, karamellfarbenen Augen an. Um uns herum nichts als Steine und ein goldener Alpen-Sonnenuntergang.
Der erste Abend auf unserer Hüttentour in den italienischen Seealpen hätte beeindruckender nicht sein können.
Und dabei war das alles gar nicht so richtig geplant. Eigentlich wollten wir in einem der nördlichsten Zipfel von Italien auf eine ganz andere Tour starten. Schon seit Langem stand die Grande Traversata delle Alpi (GTA) auf meinem Wanderwunschzettel. Und nach einer Woche mit Frosch Sportreisen in der Schweiz [Werbung // Blog-Kooperation] lag es recht nahe, gleich noch eine Woche Hüttentour auf der GTA dranzuhängen.
Doch wie es immer ist: Das Wetter war so gar nicht hochgebirgsfreundlich. Durch graue Wolken fuhren wir mit dem Bus, bis wir das kleine Dorf Gondo (fühlte sich eher an wie Gondor…) erreichten, wo wir mit einem kleinen Rufbus noch tiefer und höher in die an diesem Tag ziemlich bedrohlich wirkenden schwarzen Berge eindringen sollten. Weil wir es ein bisschen mit der Angst zu tun bekamen bei der Vorstellung, im strömenden Regen mit Sturmböen noch weitere 1000 Höhenmeter zu Fuß aufzusteigen, taten wir das für uns einzig Sinnvolle: Wir blieben einfach im Bus sitzen.
Dieser brachte uns über den Simplonpass raus aus der Schweiz ins Tal von Domodossola, wo wir erstmal spontan zwei Tage Italienurlaub mit Aperitivo und Klosterbesuch einbauten und einen neuen Plan entwarfen.
Da sich in diesem Nordzipfel von Italien das schlechte Wetter auch in den nächsten Tagen halten sollte, suchten wir im südlicheren Verlauf der GTA nach einem neuen Einstiegspunkt. Und dabei stießen wir auf den Parco Naturale delle Alpi Marittime – die Seealpen.
Und was stellt man sich vor, wenn man das Wort Seealpen hört? Ich dachte eher so an Allgäu nur mit Olivenbäumen und Palmen. Also grün-braune Hügel, die sich so langsam im Meer verlieren. Spoiler: Es hatte so gar nichts von unserer deutschen Voralpenregion.
Schroffe Felsen, steinige Pässe, hohe Gipfel, versteckte Berghütten und einen Haufen Gämsen, Steinböcke und Murmeltiere. Herrlich!
Da wir aber in unserer Woche im Schweizer Hochgebirge gelernt haben, dass wir es als Flachlandmädels eher ruhig angehen sollten, planten wir eine gaaanz entspannte Hüttentour in den Seealpen.
Appetit bekommen? Dann kommen hier die Etappen und alle Infos zum Nachmachen.
Naturpark Alpi Marittime – die italienischen Seealpen
Der Parco Naturale delle Alpi Marittime umfasst drei Haupttäler und der höchste Berg ist mit 3297m der Monte Argentera, der uns auch auf unserer Hüttentour in den Seealpen begleitete.
Neben den schon vorgestellten gehörnten Alpentieren gibt es auch Bartgeier, Steinadler und sogar Mufflons und Wölfe.
Da der Naturpark nur einen steilen Pass von Frankreich entfernt liegt, gibt es eine enge Zusammenarbeit mit dem angrenzenden Nationalpark Mercantour in den französischen Alpen. Mal schnell nach Frankreich laufen? Kein Problem auf dem grenzübergreifenden Netz an Wanderwegen in beiden Parks. 🙂
Hüttentour in den Seealpen
Dauer und Länge der Tour
Die von uns gewählte Strecke lässt sich gut in 4 (nicht zu lange) Etappen einteilen und umfasst knapp 40 km, 1700 Höhenmeter im Aufstieg und 2200 Höhenmeter im Abstieg.
Bei unserer Tour haben wir bewusst kurze Etappen gewählt, welche im Durchschnitt mit 3 Stunden Gehzeit angegeben waren. Wir haben dann oft die doppelte Zeit gebraucht. War uns aber egal. Wir wollten schließlich genießen, Fotos machen und auch mal 20 Minuten dicke Murmeltiere oder Gämsenfamilien beobachten. Und uns nicht verausgaben. Gerade, wenn du und dein Körper nicht so an alpines Gelände gewöhnt seid, solltest du dir bei den Aufstiegen Zeit lassen. Auch die Abstiege brauchen Konzentration und Trittsicherheit.
Auf jeden Fall sind stabile Bergschuhe erforderlich und Stöcke* sehr hilfreich, da die Wege über Geröll, Felsbrocken und Schotter führen.
Wie komme ich hin und zurück?
Startpunkt der Tour ist Terme di Valdieri in der Nähe von Cuneo. Das Ende der Tour befindet sich in Entracque.
Anreise mit Öffis: Es gibt von überall gute Zugverbindungen nach Turin, von da geht es mit dem Zug nach Cuneo, von wo zweimal täglich ein Bus nach Terme di Valdieri fährt. (Busfahrplan ohne Gewähr 🙂 )
Die Abreise von Entracque erfolgt dann auch mit dem Bus nach Cuneo. (ACHTUNG: An Markttagen wird die Haltestelle Mercado in Entracque nicht bedient!!! – Mussten wir schmerzlich erfahren, uns blieb dann nur ein Taxi.)
Anreise mit Auto: Da Start- und Endpunkt der Tour nicht gleich sind, kannst du entweder dein Auto in Terme di Valdieri stehen lassen und dann mit dem Bus von Entracque wieder zurückfahren. Oder du machst es einfach andersrum. Auto in Entracque parken und zum Startpunkt mit Bus (oder Taxi – ca. 25€) fahren.
Generell empfehle ich euch zur Planung eurer Reise ROME2RIO. Damit findest du alle Verkehrsmittel in jedes noch so kleine Bergdorf.
Unterkunfts- und Verpflegungsmöglichkeiten?
Auf den Etappen selbst gibt es keine Einkehrmöglichkeiten, du kannst dir aber in den Hütten meist ein Lunchpaket kaufen (auf Italienisch: Picnic). Auch Wasser solltest du immer in den Hütten auffüllen, unterwegs findest du kaum Wasserstellen und das Wasser aus den Bergbächen ist häufig durch Viehdung verschmutzt.
Übernachtet wird in Hütten, die direkt am Weg liegen. Neben Bettenlagern gibt es in einigen Unterkünften auch Einzel- oder Doppelzimmer. Generell solltest du am besten vorher reservieren (besonders in der Hochsaison und an Wochenenden). Dies ist in einigen Hütten per Mail möglich. Auch die Hüttenwirte rufen gern für dich am nächsten Etappenziel an.
Da die Seealpen im Piemont liegen, kannst du dich bei deiner Hüttentour auf reichhaltige und echt leckere Abendmenüs mit 3-5 Gängen freuen. Küchen o.ä. für warme Selbstverpflegung haben wir nirgends gesehen und es gibt auch unterwegs keine Einkaufsmöglichkeiten.
Die Preise bewegen sich für Übernachtung mit Frühstück und Abendessen zwischen 50 und 55 Euro. Wenn du Alpenvereinsmitglied bist, bekommst du in den meisten Hütten Ermäßigungen.
Ganz wichtig: Nimm genug Bargeld mit! Kartenzahlung war in keiner der Hütten möglich.
Was muss ich einpacken für eine Hüttentour in den Seealpen?
So wenig wie möglich 🙂 Denn alles, was du in deinen Rucksack schmeißt, musst du über die Pässe schleppen. Schau dir mal meine Packliste für Jakobswege an, die dir mit ein Änderungen einen guten Überblick gibt.
Etappe 1 – Terme di Valdieri zum Rifugio Morelli-Buzzi
Länge: 7,8 km
Höhenmeter: 980m auf // 20 m ab
Gehzeit: 4h
Unsere Zeit (inkl. Pausen): 6,5h
Wir sind eine Nacht in Terme di Valdieri geblieben, da wir frisch in den neuen Tag starten wollten.
Wir haben in derAlbergo Tursimo geschlafen. Netter Besitzer, der sehr gut Englisch spricht, Menü am Abend, ansonsten ein wenig muffige, ‚rustikale‘ Zimmer.
Es gibt noch eine andere Unterkunft, die wir nicht probiert haben, die aber im Vorbeigehen sehr nett aussah: Rifugio Casa Savoia.
Natürlich gibt es, wie der Ortsname schon vermuten lässt, auch eine Thermalbad mit zugehörigem Hotel. Hier kannst du ein bisschen schicker nächtigen und dich vor der Tour nochmal gut erholen.
Verlauf der Etappe:
Von Terme di Valdieri geht es in Serpentinen durch knorrigen Wald immer höher hinauf bis die Bäume immer kleiner werden und du dich schließlich mittendrin im Argentera-Massiv befindest.
Der kleine Bergsee Lago Lagarot ist der perfekte Pausenplatz, bevor der Anstieg zur Hütte weitergeht. Besonders beeindruckend ist das Canalone die Lourousa, ein weißer Eiskanal. Über diesen gelang der erste Aufstieg auf den Argentera-Grat. Unglaublich, wenn man da unten steht und hochstaunt.
Das Schönste beim Wandern ist ja, wenn langsam die Übernachtungshütte in den Blick kommt und man sich ihr Schritt für Schritt nähert. Das Rifugio Morelli-Buzzi (2351m) ist jedoch ein echter Tarnmeister. Die kleine Steinhütte mit ihren bunten Gebetsflaggen ist mit den Felsen und Steinbrocken verschmolzen und so fühlt man sich ein bisschen wie in einem Suchbild. Na, wo ist die Hütte?
Übernachtung:
Das Etappenziel ist die urgemütliche, etwas rumpelige Hütte Morelli-Buzzi in den steinigen Höhen des Lourousa-Tals. 54 Betten im 3-stöckigen-Bettenlager mit Möglichkeit auf eine heiße Dusche (ca. 4€). Inklusive HP kostet eine Nacht 54€/AV-Mitglieder 40€. Reservierung klappt per Mail oder Telefon. Hier geht´s zur Webseite der Hütte Morelli-Buzzi. (Reservierungen unter ‚Prenotazioni‘)
Etappe 2 – Rifugio Morelli-Buzzi zum Rifugio Genova-Figari
Länge: 7,1km
Höhenmeter: 200 auf // 570 ab
Gehzeit: 3h
Unsere Zeit (inkl. Pausen): 4,75h
Verlauf der Etappe:
Du kannst dir morgens ruhig Zeit lassen, da das Etappenziel gleich hinter dem nächsten Pass liegt. Na gut, über den musst du aber auch erstmal rüberkraxeln.
So wie die letzte Etappe aufgehört hat, geht es am nächsten Tag weiter. Ein schmaler Pfad windet sich um Steinbrocken, Felsblöcke und man sieht den Weg meist erst, wenn man schon draufsteht.
Der Pass Colle de Chiapous ist dann auch mit 2526m der höchste Punkt unserer gesamten Hüttentour hier in den Seealpen. Grund genug für ein Päuschen.
Der Abstieg führt über steile Serpentinen und Trockenmauerwege hinab zum Stausee Lago di Chiotas. Die 130m hohe Staumauer ist beeindruckend, aber wirkt zusammen mit dem Kraftwerk auch ein bisschen wie eine versteckte Militärbasis aus einem James-Bond-Film.
So geht es dann auch durch einen Tunnel, bevor du auf der anderen Seite den See halb umrundest und schon von Weitem das gelbe Rifugio Genova-Figari siehst.
Übernachtung:
Ziemlich geschäftige, gut organisierte Hütte mit 68 Betten in Einzel-, Doppel- und Mehrbettzimmern. Mit Möglichkeit auf eine heiße Dusche (ca. 3€). Inklusive HP (5-Gänge-Menü vom etwas verrückten, aber echt fähigen Koch und einfaches Frühstücksbuffet) kostet eine Nacht 53€/AV-Mitglieder 40€. Reservierung am besten telefonisch (klappt mit Englisch).
Etappe 3 – Rifugio Genova-Figari zum Rifugio Ellena-Soria
Länge: 8,2 km
Höhenmeter: 490 auf // 670 ab
Gehzeit: 3,5h
Unsere Zeit (inkl. Pausen): 5,5h
Verlauf der Etappe:
Zunächst gehst du ein Stück zurück bis von dem breiteren Zufahrtsweg zur Hütte ein schmaler, unscheinbarer Pfad hinauf zum Pass Colle di Fenestrelle (2463m) abgeht.
Die heutige Etappe ist noch immer sehr steinig, aber trotzdem blüht und flattert es vor allem im ersten Abschnitt überall. Und immer wieder dieser Blick auf den See! Herrlich!
Auf Passhöhe erreichst du dann einen weiteren kleinen Gebirgssee.
Möchtest du eine windgeschützte Pause, so findest du einige Meter weiter die Ruine eines alten Steinhäuschens, von wo einen tollen Blick auf die südlichsten Gletscher der Alpen hast. Sie verstecken sich größtenteils unter Geröll, was ihnen den Namen ‚Ghiacciai neri – Schwarze Gletscher‘ gab.
Über grüne Wiesen windet sich der Weg nach unten, bis du die Hütte Soria-Ellena erreichst.
Übernachtung:
Die vielleicht herzlichste Hütte auf unserer Tour. Der italienische Hüttenwirt und seine sehr liebe philippinische Frau sind mit voller Energie dabei! 70 Betten in Bettenlagern und Mehrbettzimmern. Heiße Dusche möglich (2,50€). Inkl. HP (sehr leckeres 3-Gänge-Menü mit philippinischem Einschlag und einfaches Frühstück) kostet eine Nacht 50€/AV 40€.
Von der Hütte geht es am Morgen eigentlich nur noch bergab. Der Weg ist anfangs recht geröllig, sodass es doch ein wenig Konzentration braucht. Doch nach und nach wird die Landschaft milder und grüner und überall tummeln sich Murmeltiere. Wir haben auf diesem Abschnitt sicher mehr als 10 gesehen. Also nimm dir ruhig Zeit und beobachte die dicken Bergkuscheltiere bei ihren Spielchen.
In San Giacomo kannst du ein Käffchen trinken, bevor es vorbei am sehr schön gelegenen Campingplatz durch lichte Wälder immer den Fluss entlang geht. An einer Brücke überquerst du diesen und vielleicht hast du ja auch Lust, ein wenig auf den runden Felsen am Ufer auszuruhen und die warmen Wanderfüße zu kühlen.
Der letzte Abschnitt der Tour ist leider nicht besonders schön. Du läufst an einer kleinen Landstraße entlang, bis du nach ca. 3 km Entracque erreichst.
Das Städtchen ist ein schöner Abschlusspunkt der Tour und du kannst auf dem kleinen Marktplatz mit einem Aperol Spritz prima die Einheimischen und anderen Wandertouristen beobachten.
Wenn du noch Zeit hast, dann kannst du dir das Centro Uomini e Lupi (Mensch und Wolf) anschauen. In zwei interaktiven Ausstellungen erfährst du einiges über dieses spannende Thema. Vielleicht hast du sogar Glück und siehst echte Wölfe vom Beobachtungsturm des Besucherzentrums außerhalb der Stadt.
Übernachtung:
Eine sehr beliebte Unterkunft ist die Posto Tappa di San Giacomo, jedoch ist die Etappe dann sehr kurz. Wenn du aber einen halben Ruhetag einlegen möchtest, ist dies eine gute Möglichkeit. Besonders das Essen im Restaurant Baita Monte Gelassoll zum Besten im Piemont gehören. Unbedingt reservieren! Wir waren zum Beispiel über einen Feiertag da und so war leider schon lange im Voraus alles ausgebucht.
In Entracque selbst gibt es jedoch viele Unterkunftsmöglichkeiten für Wanderer. Wir haben im schönen Hotel Trois Etoiles gewohnt, wo wir uns auch am Abend noch einmal ein sehr gutes 4 Gänge-Menü gönnten.
Warst du schon einmal in den Seealpen unterwegs? Erzähl mir doch in den Kommentaren davon!
Oder hast du Fragen, Zweifel, Ängste, die du gern in einem persönlichen Gespräch mit mir klären möchtest? Dann schau bei meiner Rucksackberatung vorbei.
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