Manchmal reicht ein Wochenende, um die Batterien wieder aufzuladen. Und manchmal muss es schon ein bisschen länger sein. Eine Woche oder zwei oder drei oder… Ich persönlich habe immer meine Schwierigkeiten, wenn ich nur ein verlängertes Wochenende unterwegs bin. Am Donnerstag bin ich gestresst von der Anreise, Freitag ist ok, Samstag habe ich dann schlechte Laune, weil am nächsten Tag schon wieder Sonntag ist. Und Sonntag für mich der kleine Bruder vom Montag. Und Montag… Gut, du weißt, was ich meine. Ich versuche an meiner Wochenendreisephobie zu arbeiten und habe viele kurze Trips für dieses Jahr geplant. Aber ich brauche auch den totalen Abstand vom Alltag. Und dafür müssen es schon mindestens 3 Wochen sein.
Ich habe mich also auf Ideensuche begeben und 6 mehrwöchige Wandertouren in Deutschland und Europa gefunden, für die ich sofort meinen Rucksack packen und losziehen würde.
Bei der Auswahl hatte ich eigentlich nur mein subjektives Empfinden als Kriterium und, dass es keine Unsummen kostet, die Wege zu gehen. Auf den meisten kannst du im Zelt übernachten, bei einigen jedoch nur in (hoffentlich günstigen) Pensionen. Beim Wildzelten in Ländern, wo es eigentlich verboten ist, bin ich immer ein bisschen vorsichtig, aber auf einigen Touren lässt es sich vielleicht nicht vermeiden.
Ein anderer Auswahlaspekt war eine einfache und auch hier wieder nicht zu teure Anreise und Versorgung unterwegs.
Die Etappenangabe ist natürlich auch nur eine grobe Idee. Die meisten Wege kannst du natürlich auch auf deine Bedürfnisse anpassen, wenn du im Zelt übernachtest sowieso.
WICHTIG: Ich bin alle diese Wege selbst auch noch nicht gelaufen, deshalb hoffe ich auf viele Tipps von allen, die da mehr Erfahrung haben als ich ?
So, aber nun mal los! Hier kommen meine Ideen:
Länge?
290km (17 Etappen) -> natürlich auch an mehreren langen Wochenenden abschnittsweise möglich
Beste Wanderzeit?
Mai – Oktober
Schlafmöglichkeiten?
Pensionen, leider nur wenige Zeltplätze an der Strecke (Wildzelten wie immer eigentlich verboten… muss jeder selbst wissen)
Anreise?
Zug zum Startpunkt Geising (für eine Wanderung von Ost nach West) oder Blankenstein (für eine Wanderung von West nach Ost)
Was erwartet uns?
Der Kammweg verläuft über die höchsten Gipfel des Erzgebirges und des Vogtlands und führt vom tiefsten Sachsen bis hinein nach Thüringen. Es gibt auf dem Weg nicht nur die schöne Natur zu sehen, sondern auch viele Sehenswürdigkeiten. Alte Bergbaustätten, die große Sprungschanze in Oberwiesenthal, ausgefallene Museen wie das Nussknacker- oder das Suppenmuseum.
Länge?
330km (14 Etappen)
Beste Wanderzeit?
Oktober bis März/April, im Sommer viel zu heiß
Schlafmöglichkeiten?
keine Campingplätze, Wildzelten eigentlich verboten (Regeln von Gemeinde zu Gemeinde verschieden), aber an jedem Etappenziel Pensionen
Anreise?
Flug bis Faro, weiter mit Bus/Zug nach Alcoutim.
Was erwartet uns?
Blaues Meer, scharfe Klippen, einsame Buchten. Die Algarve ist ein Strandparadies. Da kommt doch keiner auf die Idee, durch das trockene Inland zu laufen. Oder? Schade wär´s, denn der Weg von der spanisch-portugiesischen Grenze bis zum Cabo de São am Atlantik hat viel zu bieten. Korkeichenwälder, Berge und kleine, urige Dörfer. Mandel-, Feigen-, Oliven- und sogar Erdbeerbäume! Und natürlich das Finale an den Klippen des Cabo de São.
Länge?
223km (13 Etappen) -> natürlich auch an mehreren langen Wochenenden abschnittsweise möglich
Beste Wanderzeit?
ganzjährig, aber die Heide blüht am schönsten im August/September
Schlafmöglichkeiten?
Pensionen, leider nur wenige Zeltplätze an der Strecke
Anreise?
Zug bis Hamburg (Start/Ende im Norden) oder Celle (Start/Ende im Süden)
Was erwartet uns?
Der Heidschnuckenweg verbindet die schönsten Flecken der Lüneburger Heide zwischen Hamburg und Celle miteinander. Natürlich ist es am schönsten, wenn die Heide blüht und diese alles mit einer lilafarbenen Decke überzieht. Zur Blütezeit ist der Weg dann entsprechend bevölkert. Du kannst die hügelige Landschaft aber auch zu jeder anderen Jahreszeit bewandern. Der Heidschnuckenweg führt durch Wacholderhaine und Kiefern- und Mischwälder, aber auch durch Moorgebiete und immer wieder hörst du das Blöken der Heidschnucken, das sind die tierischen Bewohner der Lüneburger Heide. Du kannst den Weg auch nur etappenweise gehen, von Mitte Juli bis Mitte Oktober gibt es den Heide-Shuttle, der dich von einigen Regionalbahnhöfen zum Weg bringt.
Länge?
273km (12-14 Etappen)
Beste Wanderzeit?
Mai – September
Schlafmöglichkeiten?
Pensionen, sehr viele (auch einfache und günstige) Zeltplätze an der Strecke, Wildzelten ist hier offiziell nicht erlaubt, wird aber wohl geduldet.
Anreise?
Zug nach LePuy oder Flug nach Lyon, dann weiter mit Zug nach LePuy
Was erwartet uns?
Ein Schotte läuft mit einem Esel durch Frankreich. Der Stevensonweg hat tatsächlich eine ungewöhnliche Geschichte und die meisten kennen Herrn Stevenson wohl eher von seinen anderen Abenteuern auf Schatzinseln* und in den Tiefen der menschlichen Psyche*. Doch er war auch ein Reisender und Wanderer und schildert in seinem Buch „Eine Reise mit dem Esel durch die Cevennen“* seine zweiwöchige Wanderung mit Modestine, einem Lastesel. Noch heute gehen viele Leute den Stevensonweg mit einem vierbeinigen Begleiter. Doch auch ohne Esel ist der Stevensonweg gut machbar und führt zuerst über die Vulkanplateaus des Velay und durch Schluchten im Süden der Auvergne bis in die Berge der Cevennen.
Im Wanderführer des Conrad-Stein-Verlags* findest du alle wichtigen Infos, auch zu den Eseln.
Länge?
ca. 440km (24 Etappen) – nur ein Richtwert, es gibt 3 verschiedene Routen – weiß, blau, grün
Beste Wanderzeit?
Mai – September
Schlafmöglichkeiten?
(bewirtschaftete und unbewirtschaftete) Hütten, Pensionen in den Dörfern, Wildzelten (auch hier eigentlich verboten, Mitnahme von Zelt wird aber empfohlen, wenn du dich mal verläufst)
Anreise?
Flug nach Rijeka oder Zagreb (Startort im Nordwesten abhängig von der gewählten Route)
Was erwartet uns?
Die Via Dinarica ist nicht nur ein Weg, nein, sie ist vielmehr ein Netz von Wegen. Und der Abschnitt in Kroatien ist auch nur ein Stück der mehr als 2000 km umfassenden Route durch die Balkanländer Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Albanien. Du kannst zwischen 3 verschiedenen Routen wählen. Der White Trail ist die Hauptroute durch die Dinarischen Alpen mit ihren vielen Gipfeln. Weniger anspruchsvoll ist der Blue Trail, der an der Adriaküste verläuft. Für Waldliebhaber und Mountainbiker ist der Green Trail im Hinterland sehr gut geeignet. Als einer der schönsten Abschnitte gilt der Premzic-Weg (55km).
Länge?
140 km (10 Etappen + relativ lange Anreise)
Beste Wanderzeit?
Mitte Juli – Mitte September
Schlafmöglichkeiten?
Es gibt genügend bewirtschaftete Hütten auf dem Padjelantaleden, aber natürlich ist wie überall in Skandinavien Zelten auch erlaubt.
Anreise?
Wie immer in Nordschweden ein bisschen aufwendig (deshalb habe ich diese Tour als mehrwöchige Tour eingestuft, da kannst du locker 2-3 Tage für An-und Abreise einplanen…). Am schnellsten vermutlich Flug nach Kiruna, Gällivare oder Lulea (über Stockholm) dann weiter mit Bus/Zug. Vielleicht kannst du die Wanderung auch mit einem Roadtrip verbinden und mit dem Auto anreisen.
Was erwartet uns?
Der Padjelantaleden bietet die ganze Nordskandinavienerfahrung, ist aber sehr gut ausgebaut und entsprechend leicht zu begehen und super für Anfänger geeignet. Trotz der Brücken und Plankenwege finden nur wenige Wanderer den Weg hier hoch und so hast du auch zur Hochsaison im August deine Ruhe und kannst die Weite der seenreichen Hochebene uneingeschränkt genießen.
Hast du doch keine Zeit für eine so lange Tour? Dann schau doch mal hier:
Und was kommt eigentlich rein in den Rucksack, wenn du mit Zelt unterwegs sein möchtest?
Oder hast du Fragen, Zweifel, Ängste, die du gern in einem persönlichen Gespräch mit mir klären möchtest? Dann schau bei meiner Rucksackberatung vorbei.
*Kleiner Hinweis: Dieser Artikel enthält Affiliate-Links. Wenn Du etwas über diese Links kaufst, erhalte ich eine kleine Provision. Aber keine Angst, DU musst keinen Cent mehr bezahlen.
Vielen Dank für die tollen Anregungen. Besonders der Stevensontrail hat es uns angetan. Sind im letzten Jahr die Rota Vicentina mit Kiko dem Esel gelaufen. ca.125 km
Nunmehr auf der Suche nach ähnlichen Abenteuern.
Vielen Dank nochmals ?
Oh, Kiko! Wie toll! Wir planen auch den Stevensonweg mit Esel 🙂 bin schon sehr gespannt.
Liebe Grüße
Anne
wie wäre es denn noch mit dem Hermannsweg durch den Teutoburger Wald? 🙂
Wir waren Ende Juni 2021 5 Tage auf dem Kammweg in Sachsen wandern (von Rechenberg bis Oberwiesental).
Tolle Ausblicke, das Wetter war aber ein bisschen unbeständig. Es gibt relativ viele Schutzhütten, in denen man übernachten könnte, wir habe ein mal gezeltet, die Schutzhütte, in der wir übernachten wollen war nicht mehr vorhanden.
Andererseits locken viele Hotels mit guten Restaurants (und Betten) in den Orten am Weg. Es braucht schon viel Stärke, die wir nicht hatten, tatsächlich draußen zu übernachten, wenn eine Stunde entfernt gutes Essen, Bier und ein Bett locken. Und dann noch der Regen nachts.
Wir haben halt unsere großen Rucksäcke durch die Gegend getragen.
Die besten Hotels (und das beste Essen) gab es in Satzung (Hotel Erbgericht) und auf dem Bärenstein im gleichnamigen Hotel.
Witzig war auch die Übernachtung im „Kammbegegnungshaus“ in Rübenau. Der Abstecher ins Schwarzwassertal war super.
Der Kammweg, soweit wir unterwegs waren, hat eine gewisse Ähnlichkeit mit den Wegen im Schwarzwald. Oft geht es über Forstwege. Es ist aber wesentlich weniger los.
Grüße aus Stuttgart Bernd